• Bild: Geschichte Kolpin Sommer

    Hauptgebäude Kolpin im Sommer

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  • Bild: Geschichte Kolpin Winter

    Hauptgebäude Kolpin im Winter

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  • Bild: Geschichte Kolpin Sitzecke

    Sitzecke Kolpin

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  • Bild: Geschichte Kolpin Essen und Freizeit

    Essens- und Aufenthaltsräume Kolpin

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  • Bild: Geschichte Kolpin Räume und Zimmer

    Schulungsräume und Unterkunftszimmer

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Die Geschichte der Justizakademie – Teil 1 (1993 bis 2009)

"Abschied von der Idylle Kolpin - die Zentralisierung der Fortbildung in Königs Wusterhausen“

Erstmals veröffentlicht als Beitrag in der „Justizchronik des Landes Brandenburg 2004 bis 2009“ (Bl. 174 bis 179)

Redaktionsschluss 6. April 2009

Vor einigen Jahren stellten sich amtlich auftretende Herren in der Justizakademie des Landes Brandenburg auf der Liegenschaft in Kolpin vor und baten darum, man möge ihnen doch - im Hinblick auf mögliche Nachnutzungen - das Kaminzimmer zeigen, in dem die Richterinnen und Richter des Abends bei einem Glas Rotwein von den Anstrengungen des beruflichen Alltags und den anspruchsvollen Seminargesprächen Entspannung suchten. Das Ansinnen löste bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verwunderung oder auch Heiterkeit aus. Sicherlich nicht wegen der realistischen Einschätzung zu den hohen Anforderungen an Fortbildung, denen sich die Justizakademie stets verpflichtet fühlte, genauso wenig wegen des attestierten Anspruchs an den modernen richterlichen und justiziellen Berufsalltag; wohl aber wegen der offensichtlichen Verwechselung der Justizakademie mit anderen Einrichtungen gehobenen Niveaus. Denn die Justizakademie bot alles andere als bauliche Protzigkeit und elitäre Rahmenbedingungen. Wer einmal in den Genuss der sanitären Einrichtungen, insbesondere der Flurtoiletten im Gästehaus, gekommen ist, wird dieser Einschätzung nur beipflichten können. Trotzdem entwickelte sich Kolpin zu einem in der Justiz des Landes und darüber hinaus bekannten und geschätzten Bildungsstandort. Das lag sicherlich nicht in erster Linie an der guten, liebevollen Küche, die das Sprichwort beherzigte, dass Liebe durch den Magen geht – so auch bei Juristen. Die Achtung, die Kolpin aus allen Teilnehmerkreisen erfahren hat, resultierte in erster Linie aus der fachlichen Reputation; aber auch aus der Bereitschaft fast aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich mit ihren Fähigkeiten, vor allem aber mit dem Herzen, sowie großem Einfühlungs- und manchmal auch Improvisationsvermögen für einen gelungenen Bildungsaufenthalt aller Gäste verantwortlich zu fühlen. Wer von der Idylle Kolpin spricht, bezieht sich gerade auf diesen fast familiären Charakter der Einrichtung. So mancher wurde an der von einigen belächelten Eingangsschranke mit seinem Namen begrüßt, ohne dass dazu Teilnehmerlisten studiert werden mussten. Unter diesen Bedingungen rückten neben den eigentlichen Seminarinhalten der Klausurcharakter von Veranstaltungen, das Pausen- und abendliche Gespräch und damit der so wichtige ganz persönliche Erfahrungsaustausch in den Mittelpunkt. Dazu trug letztlich auch die Abgeschiedenheit der im Jahre 1993 eröffneten, in einem Eichenwäldchen nahe des Kolpiner Sees auf dem Gelände der früheren königlich-preußischen Försterei gelegenen Einrichtung bei. Wer nicht per Auto oder Taxi in die nächste Stadt fuhr, traf sich zwangsläufig auf der Liegenschaft, am Grillplatz oder (bis 2005) am „Juristenstammtisch“ in der Dorfkneipe des Ortsbürgermeisters.

Die beschriebene Atmosphäre trug dazu bei, dass sich die Akzeptanz der Justizakademie in stetig zunehmenden Seminar- und Teilnehmerzahlen niederschlug. Wurden Mitte der neunziger Jahre noch 80 bis 90 Seminare angeboten, so waren dies in den Jahren 2004 bis 2007 jährlich bereits über 200 Veranstaltungen mit circa 3000 Teilnehmern. Der besondere Vorzug einer speziellen Justizfortbildungseinrichtung prägte sich von Jahr zu Jahr tiefer aus und wurde im breiten Angebot an Fortbildung für alle Berufsgruppen und Laufbahnen deutlich. Auch wenn die Voraussetzungen dabei nicht immer optimal waren - so mancher Angehörige der Justizwachtmeistereien wird (hoffentlich) mit einem Schmunzeln an die Bedingungen für den Dienstsport in der früheren Kraftfahrzeughalle in Kolpin zurückdenken. Manchmal gelang in Kolpin, was noch nicht immer selbstverständlich in den Gerichten und Staatsanwaltschaften ist: Gemeint ist das interessierte oder gar vertrauensvolle Gespräch zwischen dem Wachtmeister und dem Richter, der Kostenbeamtin und der Bezirksrevisorin, dem Rechtspfleger und der Servicekraft des mittleren Dienstes, eventuell sogar zwischen der Geschäftsleiterin und dem sonst nur schwer zugänglichen Mitarbeiter.

Anfang 2005 erfuhr die Justizakademie - zurückgehend auf einen entsprechenden Staatsvertrag - eine deutliche Erweiterung. Die Einrichtung wurde der Fachaufsicht des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA) unterstellt. Seither werden grundsätzlich alle Fortbildungsveranstaltungen auch für den höheren Justizdienst Berlins angeboten, zudem werden ausgewählte Seminare im nichtrichterlichen Bereich für Berliner Interessenten geöffnet. Die anfängliche Skepsis einiger Berliner Gäste gegenüber dem für sie neuen Standort „weit außerhalb der Stadtmauern“ konnte relativ schnell überwunden werden, zuletzt war fast jeder sechste Fortbildungsteilnehmer in Kolpin aus der Hauptstadt entsandt worden. Insofern trug und trägt die Justizakademie ein kleines Stückchen zum brandenburgisch-berlinerischen Verständnis bei. Eine weitere Bereicherung hat der Gedankenaustausch auch durch die Einbeziehung aller Fachgerichtsbarkeiten seit dem Jahr 2007 erfahren.

Diese rasante Entwicklung vollzog sich trotz einer jahrelangen Standortdiskussion. Noch bei den Auswahlgesprächen für die Leitungsposition in der Justizakademie im Frühjahr 1997 war ein wesentliches Kriterium, dass der zukünftige Leiter bzw. die zukünftige Leiterin befähigt sein sollte, für die Landesjustiz die damals vorgesehenen großen Um- und Ausbaumaßnahmen am Standort Kolpin zu überwachen. Entsprechende Haushalts- und Planungsunterlagen lagen bereits vor. Selbst mit der Bundeswehr in Storkow fanden bereits konkrete Gespräche über die Essensversorgung der Fortbildungsteilnehmer während der Bauphase statt. Umso überraschender für alle Beteiligten war dann die Entscheidung der Landesregierung im Sommer 1998, das Bauvorhaben in Kolpin zu verschieben und eine Zusammenlegung mit dem Bildungszentrum der Finanzverwaltung in Königs Wusterhausen (KW) zu prüfen. Nach jahrelanger, teilweise heftig geführter Auseinandersetzung und vielen Solidaritätsbekundungen für den alten Standort hat - in Umsetzung des Haushaltssicherungsgesetzes 2003 und nach Befassung der zuständigen politischen und berufsständischen Gremien - das Kabinett am 13.7.2004 die Zusammenlegung der Justizakademie mit dem Bildungszentrum der Finanzverwaltung in Königs Wusterhausen beschlossen. Später kam auch noch die Landesakademie für öffentliche Verwaltung, früher in Neu Fahrland bei Potsdam gelegen, mit ins Boot. So entstand zunächst in Gedanken, dann in Gesprächen verschiedener Projekt- und Lenkungsgremien und schließlich manifestiert in Vereinbarungen und Konzeptionen ein völlig neues, in dieser Art wohl einmaliges Projekt: der Zusammenschluss mehrerer, selbstständig bleibender Bildungseinrichtungen verschiedener Ressorts an einem Standort, die sich einer einheitlichen zentralen Verwaltung bedienen. Im Vordergrund aller Bemühungen stand (und steht) dabei stets, die Identität der Einrichtung für die Justizteilnehmerinnen und -teilnehmer zu wahren, ohne jedoch auf sinnvolle Synergien zu verzichten.

Bis zum 14.März 2008 wurde der Tagungsbetrieb in Kolpin gewährleistet. Noch am selben Abend nutzten Freunde der Akademie, Stammreferenten und die Bediensteten den großen Saal ein unwiderruflich letztes Mal für eine zunächst etwas wehmütige, später jedoch - in Erinnerung an die vielen gewinnbringenden und schönen Stunden in Kolpin - lebhafte und fröhliche Abschlussfeier. Am 5. Mai 2008 wurde dann das neue Aus- und Fortbildungszentrum Königs Wusterhausen (AFZ KW) im Beisein der zuständigen Ministerinnen und Minister feierlich eröffnet und den drei Einrichtungsleitern symbolisch ein Schlüssel zur Übernahme der neuen Gebäude übergeben. Ab sofort mussten sich die zuvor am grünen Tisch für gut befundenen Modelle der Zusammenarbeit in der Praxis bewähren. Wieder galt es, einige Skepsis sowohl bei den Gästen der Justizakademie als auch bei den Bediensteten aller Partnereinrichtungen zu überwinden, schließlich waren die bisherigen Unternehmenskulturen sehr unterschiedlich. Sicherlich gab es anfängliche Reibereien, auch Unzufriedenheiten. Aber die Vorzüge der neuen Situation wurden schnell allen Beteiligten augenscheinlich: höhere Kapazitäten, neue Seminar- und Unterrichtsräume mit modernster Schulungstechnik, bestens ausgestattete Computerkabinette und renovierte stilvolle Unterkunftszimmer - endlich mit einer, bautechnisch gesprochen, „Vollnasszelle“ für jeden. Auch der in Kolpin gelebte Servicegedanke verbreitete (sich relativ) schnell auf der Liegenschaft. Beispielhaft seien das neu eingeführte Salatbüfett für gesundheitsbewusste Essensteilnehmer und der Kaffeeautomat im Seminargebäude erwähnt. Die gegenwärtige (und absehbare) Alterspyramide im brandenburgischen Landesdienst half argumentativ, die kalten Steinbänke im Foyer gegen vernünftige Ledersitzecken einzutauschen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Campus liegt schließlich in seiner zentralen Lage und guten Anbindung; auch für Berliner - schließlich endet die Stadtautobahn fast vor der Haustür, zudem gehört KW noch zum Berliner S-Bahnnetz.

Die Justizbediensteten aus Brandenburg und Berlin sind bis heute neugierig auf den neuen Standort und haben das AFZ KW gut angenommen. Die Anzahl der Veranstaltungen und die Teilnehmerzahlen konnten gegenüber Kolpin nochmals beträchtlich erhöht werden. So werden im Jahr 2009 voraussichtlich zirka 340 Seminare, davon über 60 für den höheren Justizdienst, stattfinden. Gerechnet wird mit weit über 4000 Teilnehmern. Diese vertrauen darauf, dass die Organisatoren im GJPA, in der Justizakademie und den einzelnen Bereichen fachlich ansprechende Tagungen vorbereitet haben und die Justizakademie - mit heute nur noch vier Bediensteten die wohl kleinste Behörde des Landes Brandenburg - einen erfolgreichen und angenehmen Bildungsaufenthalt gewährleistet.  

Abschließend sei ein Blick in die Zukunft gestattet: Die Liegenschaftskonzeption ist trotz des erreichten Standards noch nicht abgeschlossen. Die gegenwärtigen Abrissarbeiten und Baubelästigungen dienen der Grundsteinlegung für einen weiteren modernen Gebäudekomplex mit Mensa, Cafeteria, Clubräumen, Sport- und Fitnessbereichen und sogar einer Bowlingbahn. Alle hoffen, dass so bis zum Herbst 2011 auch noch der letzte Baustein für eine mit Leben erfüllte Bildungs- und Begegnungsstätte gesetzt sein wird, in der sich die Justizfortbildung dauerhaft auf hohem fachlichen Niveau unter modernen Bedingungen etablieren kann. Vielleicht können sogar irgendwann einmal Seminargruppen - wie einst in Kolpin - gelegentlich wieder grillen, ohne deshalb gleich einen neuen Mythos von der Idylle Königs Wusterhausen heraufzubeschwören. 

 Dr. Kruse

 Leiter der Justizakademie des Landes Brandenburg

Die Geschichte der Justizakademie – Teil 2 (ab 2009) ist in Erarbeitung.

"Abschied von der Idylle Kolpin - die Zentralisierung der Fortbildung in Königs Wusterhausen“

Erstmals veröffentlicht als Beitrag in der „Justizchronik des Landes Brandenburg 2004 bis 2009“ (Bl. 174 bis 179)

Redaktionsschluss 6. April 2009

Vor einigen Jahren stellten sich amtlich auftretende Herren in der Justizakademie des Landes Brandenburg auf der Liegenschaft in Kolpin vor und baten darum, man möge ihnen doch - im Hinblick auf mögliche Nachnutzungen - das Kaminzimmer zeigen, in dem die Richterinnen und Richter des Abends bei einem Glas Rotwein von den Anstrengungen des beruflichen Alltags und den anspruchsvollen Seminargesprächen Entspannung suchten. Das Ansinnen löste bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verwunderung oder auch Heiterkeit aus. Sicherlich nicht wegen der realistischen Einschätzung zu den hohen Anforderungen an Fortbildung, denen sich die Justizakademie stets verpflichtet fühlte, genauso wenig wegen des attestierten Anspruchs an den modernen richterlichen und justiziellen Berufsalltag; wohl aber wegen der offensichtlichen Verwechselung der Justizakademie mit anderen Einrichtungen gehobenen Niveaus. Denn die Justizakademie bot alles andere als bauliche Protzigkeit und elitäre Rahmenbedingungen. Wer einmal in den Genuss der sanitären Einrichtungen, insbesondere der Flurtoiletten im Gästehaus, gekommen ist, wird dieser Einschätzung nur beipflichten können. Trotzdem entwickelte sich Kolpin zu einem in der Justiz des Landes und darüber hinaus bekannten und geschätzten Bildungsstandort. Das lag sicherlich nicht in erster Linie an der guten, liebevollen Küche, die das Sprichwort beherzigte, dass Liebe durch den Magen geht – so auch bei Juristen. Die Achtung, die Kolpin aus allen Teilnehmerkreisen erfahren hat, resultierte in erster Linie aus der fachlichen Reputation; aber auch aus der Bereitschaft fast aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich mit ihren Fähigkeiten, vor allem aber mit dem Herzen, sowie großem Einfühlungs- und manchmal auch Improvisationsvermögen für einen gelungenen Bildungsaufenthalt aller Gäste verantwortlich zu fühlen. Wer von der Idylle Kolpin spricht, bezieht sich gerade auf diesen fast familiären Charakter der Einrichtung. So mancher wurde an der von einigen belächelten Eingangsschranke mit seinem Namen begrüßt, ohne dass dazu Teilnehmerlisten studiert werden mussten. Unter diesen Bedingungen rückten neben den eigentlichen Seminarinhalten der Klausurcharakter von Veranstaltungen, das Pausen- und abendliche Gespräch und damit der so wichtige ganz persönliche Erfahrungsaustausch in den Mittelpunkt. Dazu trug letztlich auch die Abgeschiedenheit der im Jahre 1993 eröffneten, in einem Eichenwäldchen nahe des Kolpiner Sees auf dem Gelände der früheren königlich-preußischen Försterei gelegenen Einrichtung bei. Wer nicht per Auto oder Taxi in die nächste Stadt fuhr, traf sich zwangsläufig auf der Liegenschaft, am Grillplatz oder (bis 2005) am „Juristenstammtisch“ in der Dorfkneipe des Ortsbürgermeisters.

Die beschriebene Atmosphäre trug dazu bei, dass sich die Akzeptanz der Justizakademie in stetig zunehmenden Seminar- und Teilnehmerzahlen niederschlug. Wurden Mitte der neunziger Jahre noch 80 bis 90 Seminare angeboten, so waren dies in den Jahren 2004 bis 2007 jährlich bereits über 200 Veranstaltungen mit circa 3000 Teilnehmern. Der besondere Vorzug einer speziellen Justizfortbildungseinrichtung prägte sich von Jahr zu Jahr tiefer aus und wurde im breiten Angebot an Fortbildung für alle Berufsgruppen und Laufbahnen deutlich. Auch wenn die Voraussetzungen dabei nicht immer optimal waren - so mancher Angehörige der Justizwachtmeistereien wird (hoffentlich) mit einem Schmunzeln an die Bedingungen für den Dienstsport in der früheren Kraftfahrzeughalle in Kolpin zurückdenken. Manchmal gelang in Kolpin, was noch nicht immer selbstverständlich in den Gerichten und Staatsanwaltschaften ist: Gemeint ist das interessierte oder gar vertrauensvolle Gespräch zwischen dem Wachtmeister und dem Richter, der Kostenbeamtin und der Bezirksrevisorin, dem Rechtspfleger und der Servicekraft des mittleren Dienstes, eventuell sogar zwischen der Geschäftsleiterin und dem sonst nur schwer zugänglichen Mitarbeiter.

Anfang 2005 erfuhr die Justizakademie - zurückgehend auf einen entsprechenden Staatsvertrag - eine deutliche Erweiterung. Die Einrichtung wurde der Fachaufsicht des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA) unterstellt. Seither werden grundsätzlich alle Fortbildungsveranstaltungen auch für den höheren Justizdienst Berlins angeboten, zudem werden ausgewählte Seminare im nichtrichterlichen Bereich für Berliner Interessenten geöffnet. Die anfängliche Skepsis einiger Berliner Gäste gegenüber dem für sie neuen Standort „weit außerhalb der Stadtmauern“ konnte relativ schnell überwunden werden, zuletzt war fast jeder sechste Fortbildungsteilnehmer in Kolpin aus der Hauptstadt entsandt worden. Insofern trug und trägt die Justizakademie ein kleines Stückchen zum brandenburgisch-berlinerischen Verständnis bei. Eine weitere Bereicherung hat der Gedankenaustausch auch durch die Einbeziehung aller Fachgerichtsbarkeiten seit dem Jahr 2007 erfahren.

Diese rasante Entwicklung vollzog sich trotz einer jahrelangen Standortdiskussion. Noch bei den Auswahlgesprächen für die Leitungsposition in der Justizakademie im Frühjahr 1997 war ein wesentliches Kriterium, dass der zukünftige Leiter bzw. die zukünftige Leiterin befähigt sein sollte, für die Landesjustiz die damals vorgesehenen großen Um- und Ausbaumaßnahmen am Standort Kolpin zu überwachen. Entsprechende Haushalts- und Planungsunterlagen lagen bereits vor. Selbst mit der Bundeswehr in Storkow fanden bereits konkrete Gespräche über die Essensversorgung der Fortbildungsteilnehmer während der Bauphase statt. Umso überraschender für alle Beteiligten war dann die Entscheidung der Landesregierung im Sommer 1998, das Bauvorhaben in Kolpin zu verschieben und eine Zusammenlegung mit dem Bildungszentrum der Finanzverwaltung in Königs Wusterhausen (KW) zu prüfen. Nach jahrelanger, teilweise heftig geführter Auseinandersetzung und vielen Solidaritätsbekundungen für den alten Standort hat - in Umsetzung des Haushaltssicherungsgesetzes 2003 und nach Befassung der zuständigen politischen und berufsständischen Gremien - das Kabinett am 13.7.2004 die Zusammenlegung der Justizakademie mit dem Bildungszentrum der Finanzverwaltung in Königs Wusterhausen beschlossen. Später kam auch noch die Landesakademie für öffentliche Verwaltung, früher in Neu Fahrland bei Potsdam gelegen, mit ins Boot. So entstand zunächst in Gedanken, dann in Gesprächen verschiedener Projekt- und Lenkungsgremien und schließlich manifestiert in Vereinbarungen und Konzeptionen ein völlig neues, in dieser Art wohl einmaliges Projekt: der Zusammenschluss mehrerer, selbstständig bleibender Bildungseinrichtungen verschiedener Ressorts an einem Standort, die sich einer einheitlichen zentralen Verwaltung bedienen. Im Vordergrund aller Bemühungen stand (und steht) dabei stets, die Identität der Einrichtung für die Justizteilnehmerinnen und -teilnehmer zu wahren, ohne jedoch auf sinnvolle Synergien zu verzichten.

Bis zum 14.März 2008 wurde der Tagungsbetrieb in Kolpin gewährleistet. Noch am selben Abend nutzten Freunde der Akademie, Stammreferenten und die Bediensteten den großen Saal ein unwiderruflich letztes Mal für eine zunächst etwas wehmütige, später jedoch - in Erinnerung an die vielen gewinnbringenden und schönen Stunden in Kolpin - lebhafte und fröhliche Abschlussfeier. Am 5. Mai 2008 wurde dann das neue Aus- und Fortbildungszentrum Königs Wusterhausen (AFZ KW) im Beisein der zuständigen Ministerinnen und Minister feierlich eröffnet und den drei Einrichtungsleitern symbolisch ein Schlüssel zur Übernahme der neuen Gebäude übergeben. Ab sofort mussten sich die zuvor am grünen Tisch für gut befundenen Modelle der Zusammenarbeit in der Praxis bewähren. Wieder galt es, einige Skepsis sowohl bei den Gästen der Justizakademie als auch bei den Bediensteten aller Partnereinrichtungen zu überwinden, schließlich waren die bisherigen Unternehmenskulturen sehr unterschiedlich. Sicherlich gab es anfängliche Reibereien, auch Unzufriedenheiten. Aber die Vorzüge der neuen Situation wurden schnell allen Beteiligten augenscheinlich: höhere Kapazitäten, neue Seminar- und Unterrichtsräume mit modernster Schulungstechnik, bestens ausgestattete Computerkabinette und renovierte stilvolle Unterkunftszimmer - endlich mit einer, bautechnisch gesprochen, „Vollnasszelle“ für jeden. Auch der in Kolpin gelebte Servicegedanke verbreitete (sich relativ) schnell auf der Liegenschaft. Beispielhaft seien das neu eingeführte Salatbüfett für gesundheitsbewusste Essensteilnehmer und der Kaffeeautomat im Seminargebäude erwähnt. Die gegenwärtige (und absehbare) Alterspyramide im brandenburgischen Landesdienst half argumentativ, die kalten Steinbänke im Foyer gegen vernünftige Ledersitzecken einzutauschen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Campus liegt schließlich in seiner zentralen Lage und guten Anbindung; auch für Berliner - schließlich endet die Stadtautobahn fast vor der Haustür, zudem gehört KW noch zum Berliner S-Bahnnetz.

Die Justizbediensteten aus Brandenburg und Berlin sind bis heute neugierig auf den neuen Standort und haben das AFZ KW gut angenommen. Die Anzahl der Veranstaltungen und die Teilnehmerzahlen konnten gegenüber Kolpin nochmals beträchtlich erhöht werden. So werden im Jahr 2009 voraussichtlich zirka 340 Seminare, davon über 60 für den höheren Justizdienst, stattfinden. Gerechnet wird mit weit über 4000 Teilnehmern. Diese vertrauen darauf, dass die Organisatoren im GJPA, in der Justizakademie und den einzelnen Bereichen fachlich ansprechende Tagungen vorbereitet haben und die Justizakademie - mit heute nur noch vier Bediensteten die wohl kleinste Behörde des Landes Brandenburg - einen erfolgreichen und angenehmen Bildungsaufenthalt gewährleistet.  

Abschließend sei ein Blick in die Zukunft gestattet: Die Liegenschaftskonzeption ist trotz des erreichten Standards noch nicht abgeschlossen. Die gegenwärtigen Abrissarbeiten und Baubelästigungen dienen der Grundsteinlegung für einen weiteren modernen Gebäudekomplex mit Mensa, Cafeteria, Clubräumen, Sport- und Fitnessbereichen und sogar einer Bowlingbahn. Alle hoffen, dass so bis zum Herbst 2011 auch noch der letzte Baustein für eine mit Leben erfüllte Bildungs- und Begegnungsstätte gesetzt sein wird, in der sich die Justizfortbildung dauerhaft auf hohem fachlichen Niveau unter modernen Bedingungen etablieren kann. Vielleicht können sogar irgendwann einmal Seminargruppen - wie einst in Kolpin - gelegentlich wieder grillen, ohne deshalb gleich einen neuen Mythos von der Idylle Königs Wusterhausen heraufzubeschwören. 

 Dr. Kruse

 Leiter der Justizakademie des Landes Brandenburg

Die Geschichte der Justizakademie – Teil 2 (ab 2009) ist in Erarbeitung.


Einblicke in die Liegenschaft vor 1993